

| Die Geschichte von Valentina
Valentina, vierfache Mutter, kommt Anfang des Jahres mit akutem Leberversagen ins UKM. Trotz aller medizinischer Bemühungen und einer dramatischen Wartezeit auf ein Spenderorgan verstirbt sie infolge einer Hirnblutung. Ihre Familie steht vor einer der schwersten Entscheidungen ihres Lebens – und entscheidet sich dafür, Valentinas Organe zu spenden, um anderen das Leben zu retten.
„Wir wissen, dass ihr Herz irgendwo schlägt“
Das Leben ist endlich. Wenn ein Mensch stirbt, kommt das manchmal vollkommen unerwartet. Valentina I. war erst 40 Jahre alt und immer gesund gewesen, als sie im Januar im UKM an den Folgen einer Hirnblutung verstarb. Vorausgegangen waren wenige Tage zwischen Hoffen und Bangen, denn eigentlich wartete Valentina selbst als Notfall auf eine neue Leber. Für ihre vier Kinder und ihre Zwillingsschwester war die dramatische Entwicklung emotional kaum zu verarbeiten. Trotz allem stand am Ende ihre großzügige Entscheidung, Valentinas Herz für eine Organtransplantation freizugeben. Damit es in einem anderen Menschen weiterschlägt.
Dies ist die Geschichte von Valentina, geboren 1984 - verstorben im Januar 2025. Mit extrem schlechten Leberwerten wurde die Mutter von vier Kindern Anfang Januar mit plötzlichem Leberversagen ans UKM (Universitätsklinikum Münster) gebracht. Eine Lebertransplantation schien unausweichlich: „Es gab keine erkennbare Ursache für den kritischen Zustand der Patientin“, erinnert sich Oberarzt Priv.-Doz. Kai-Henrik Peiffer aus der Medizinischen Klinik B am UKM (Universitätsklinikum Münster). „Aber so schlechte Leberwerte habe ich noch nie zuvor gesehen.“
Nach eingehenden Beratungen zwischen den Behandelnden der Intensivmedizin, Inneren Medizin und der Transplantationschirurgie wurde die Patientin mit hoher Dringlichkeit auf die Transplantationsliste bei Eurotransplant gesetzt. Von dort kommt schnell ein scheinbar passendes Organangebot: Ein hoffnungsvoller Moment. Doch als die Spenderleber am UKM eintrifft, stellen die Transplantationschirurgen fest, dass das Organ leider nicht über die geeignete Qualität verfügt, um es Valentina zu geben. Eine schwere Enttäuschung für die Familie, wie sich die Gesundheits- und Krankenpflegerin Renate Bastin erinnert: „Es war einfach dramatisch für diese Familie. Die Kinder haben viel geweint mit ihrer Mama. Es war wahnsinnig.“
Dann erfährt Valentinas Geschichte erneut eine Wendung: Zwar erholt sich ihre Leber langsam. Gleichzeitig aber verschlechtert eine sich einschleichende Grippe den Zustand der Patientin. Das Atmen fällt ihr immer schwerer, die Nieren können den Körper kaum noch entgiften „Wir hatten die Situation eines schweren Multi-Organversagens“, erklärt Dr. Jan-Sören Padberg, Oberarzt der Internistischen Intensivmedizin am UKM: „In dieser Situation mussten wir zusammen mit der Familie die Entscheidung treffen, die Patientin ins künstliche Koma zu versetzen, maschinell zu beatmen und in der weiteren Folge sogar an eine sogenannte ECMO (Extracorporale Membranoxygenierung), eine Art miniaturisierte Herz-Lungen-Maschine anzuschließen, um die Lungenfunktionen zu ersetzen.“
Was dann folgt, ist medizinisch erklärlich, aber menschlich „eine Verkettung äußerst schicksalhafter Umstände“, wie die Behandler sagen. Am 14. Januar stellen sie fest, dass Valentinas Pupillen nicht mehr auf Lichtreflexe reagieren. Während der Zeit an der ECMO hat sie als Komplikation eine schwere Hirnblutung erlitten. Der Hirntod wird diagnostiziert – Valentina ist tot, auch wenn die Maschinen ihre Organe weiter mit Blut versorgen.
Obwohl die Familie angesichts des großen Verlusts untröstlich ist: Die Medizinerinnen und Mediziner sind verpflichtet, zum Wohle anderer Patientinnen und Patienten, die dringend auf Organe warten, die Frage zu stellen, ob die Verstorbene im Falle ihres Todes ihre Organe hätte spenden wollen. Falls das nicht bekannt ist, müssen die Angehörigen entscheiden.
Selten sei er angesichts des Schicksalsschlags weniger zuversichtlich in ein Aufklärungsgespräch gegangen, das die Familie über die Möglichkeit informieren sollte, die Organe der Verstorbenen zur Transplantation freizugeben, erinnert sich Intensivmediziner Padberg. Für die Angehörigen ist es keine Frage: Valentinas Herz wird in einem anderen Menschen weiter schlagen. „Meine Mutter wäre stolz auf mich gewesen, dass eine andere Person weiterleben kann“, sagt Angjelina, die älteste Tochter. Und ihre Tante ergänzt: „Meine Schwester hatte das Glück nicht, dann soll ein anderer Mensch weiterleben. Dann wissen wir, dass ihr Herz irgendwo schlägt.“
Für den erfahrenen Intensivmediziner Padberg ist die Erfahrung außergewöhnlich: „In dieser Situation die Größe zu haben und klar zu sagen, sie wollte das so, sie wollte anderen Menschen helfen, das ist was, was ich so noch nie erlebt habe und was mich überrascht hat. Diese Solidarität im derzeitigen Organspende-System in Deutschland ist unbedingt erforderlich. Und deswegen ist es wichtig, dass es solche Fälle gibt und dass man sie publik macht.“
Professioneller Alltag, persönliche Betroffenheit – wie Pflege und Medizin Organspende erleben
„Hoffnung zu schenken, wenn ein Leben beendet ist, […] ist natürlich ein tolles Gefühl. Von daher ist dieses Thema Organspende einfach so wahnsinnig wichtig“
Renate Bastin, Intensivpflegerin

„In dieser Situation die Größe zu haben und klar zu sagen, sie wollte das so, sie wollte anderen Menschen helfen, das ist was, was ich so noch nie erlebt habe und was mich überrascht hat."
Dr. med. Jan-Sören Padberg, Facharzt für Innere Medizin

Renate Bastin, Krankenpflegerin für Intensivpflege, berichtet im Interview über die Geschichte Geschichte von Valentina, einer vierfachen Mutter, die Anfang des Jahres mit akutem Leberversagen ins UKM kam.
"Hoffnung zu schenken, wenn ein Leben beendet ist, dass ein anderes davon profitieren kann, ist natürlich ein tolles Gefühl. Von daher ist dieses Thema Organspende einfach so wahnsinning wichtig", sagt Bastin.
| FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Organspende
Nein. Sie entscheiden, was Sie ggf. spenden wollen. Über die Eignung der jeweiligen Organe entscheiden Ärzt*innen zum Zeitpunkt der Spende; das kalendarische Alter ist hier nicht maßgeblich. Gehörknöchelchen und Augenhornhäute können völlig unabhängig vom Alter gespendet werden.
Nur bei einer Krebserkrankung und einem positiven HIV-Befund wird eine Organspende grundsätzlich ausgeschlossen. Bei allen anderen Erkrankungen wird jeweils im Falle einer Spende entschieden.
Aus dem Koma können Menschen erwachen. Beim unumkehrbaren Funktionsverlust des Gehirns ist das nicht möglich. Dieser Verlust, auch Hirntod genannt, bedeutet den Tod und ist damit endgültig.
Ihre Einstellung zur Organspende hat keine Einfluss darauf: Erst nachdem alle Bemühungen Ihr Leben zu retten nicht verhindern konnten, dass das Gehirn seine komplette Funktion verloren hat (Hirntod), werden Fachärzt*innen zur Feststellung des unabänderlichen Funktionsverlustes des Gehirns konsultiert. Nur wenn das Einverständnis zur Organspende vorliegt, bestätigt Fachpersonal der Deutschen Stiftung für Organtransplantation dann vor Ort den Tod. Erst dann wird das Transplantationsteam beauftragt, Organe und/oder Gewebe zu entnehmen.
Nein. Eine Organspende kann nur bei Menschen erfolgen, deren Hirnfunktionsverlust (Hirntod) auch nachgewiesen worden ist. Dazu müssen die Herz- und Kreislauffunktionen während dieses Zeitraums künstlich aufrechterhalten werden. Dies ist nur auf einer Intensivstation möglich.